Themen für Bachelor- und Master-Arbeiten

In der Arbeitsgruppe von Prof. Thomas Müller befassen wir uns mit der Analyse der Daten, die mit dem CMS-Experiment am LHC-Beschleuniger des CERN gesammelt werden. Der Schwerpunkt der Forschungstätigkeiten liegt dabei auf dem Top-Quark und den Vektorbosonen. Sowohl das Top-Quark als auch die W- und Z-Bosonen sind aufgrund ihrer hohen Masse sehr interessant und können auch Aufschluss über das Higgs-Boson und seine Selbstwechselwirkung geben. Neben reiner Datenanalyse leisten wir auch wichtige technische Arbeiten zur Identifikation von b-Jets durch sogenannte B-Tagging-Algorithmen. Studierende, die an einer Masterarbeit oder Promotion in unserer Gruppe interessiert sind, werden voll in laufende offizielle Analysen der CMS-Kollaboration mit eingebunden. Die Details zu konkreten Beiträgen zu den verschiedenen Analysen, die im Rahmen einer Abschlussarbeit möglich sind, klären sich am Besten in einem persönlichen Gespräch mit den Betreuern Dr. Thorsten Chwalek, Dr. Nils Faltermann und Dr. Soureek Mitra. Programmierkenntnisse, wie sie im Laufe des Physikstudiums vermittelt werden, sind eine gute Grundlage für den raschen Einstieg in die Analysetätigkeit. Im Laufe der Masterarbeit oder Promotion erlangen Studierende Kenntnisse im Anwenden von modernen Methoden der Datenanalyse wie bspw. Machine Learning sowie den Programmiersprachen C++ und Python und dem Root-Framework. Im Folgenden stellen wir kurz die aktuellen Themen vor, an denen aktiv in der Arbeitsgruppe geforscht wird. In allen diesen Themengebieten sind Bachelor- und Master-Arbeiten möglich.


Top-Quark-Eigenschaften: Entwicklung neuer Ansätze zur Messung von Eigenschaften wie Breite und Masse des Top-Quarks

Auch 25 Jahre nach seiner Entdeckung am Tevatron-Beschleuniger des Fermilab in Chicago hat das Top-Quark nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Suchen nach neuer Physik jenseits des Standardmodells der Teilchenphysik konnten bisher keine neuen Teilchen oder Wechselwirkungen finden. So rücken Präzisionsmessungen bekannter Teilchen in den Fokus, in der Hoffnung, Abweichungen zu den vorhergesagten Eingeschaften zu entdecken, die auf Beiträge neuer, bisher unbekannter Physik hinweisen. Als schwerstes derzeit bekanntes Elementarteilchen nimmt das Top-Quark eine Sonderrolle im Standardmodell ein. Es zerfällt nahezu instantan, was die Beobachtung eines quasi "nackten" Quarks ermöglicht. Aktuell untersuchen wir in unserer Arbeitsgruppe verschiedene Eigenschaften des Top-Quarks (und haben Ideen für weitere Analysen). Unter anderem untersuchen wir die sogenannten Energieasymmetrie in der paarweisen Erzeugung von Top-Quarks und Top-Antiquarks. Modellrechnungen sagen vorher, dass wenn zusätzlich zum Top-Quark-Top-Antiquark-Paar ein Jet produziert wird, sich die Energien von Top-Quark und Top-Antiquark leicht unterscheiden. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt auf der Wb-Streuung, aus der sich die Breite des Top-Quarks bestimmen lässt. Im Gegensatz zu der traditionellen Methode, die Top-Quark-Zerfallsbreite zu bestimmen, ist dieser Ansatz deutlich allgemeiner was die Grundannahmen, die in die Analyse gesteckt werden müssen, angeht.

Kontakt: Thorsten.Chwalek@kit.edu, Nils.Faltermann@kit.edu


Single Top: Präzisionsmessungen in s- und t-Kanal, Suche nach Abweichungen vom Standardmodell

Die elektroschwache Produktion einzelner Top-Quarks wurde 2009 erstmals am Tevatron (unter Karlsruher Beteiligung) nachgewiesen und seit 2011 bei drei verschiedenen Schwerpunktsenergien am LHC "wiederentdeckt" (ebenfalls mit signifikanter Karlsruher Beteiligung). Mit dem grossen, bis 2018 von CMS gesammelten Datensatz bei 13 TeV Schwerpunktsenergie, erreicht man bei Messungen der Einzeltopquark-Produktion über den t-Kanal (dieser Kanal hat am LHC den grössten Wirkungsquerschnitt) sehr hohe Genauigkeit. Dies ermöglicht es, zusätzlich zur Messung des inklusiven Wirkungsquerschnitts weitere interessante Analysen durchzuführen, um diesen Prozess in allen Bereichen bestmöglich zu verstehen. Beispiele hierfür sind: differentielle Wirkungsquerschnittsmessungen, Polarisationsmessung, Top-Quark-Eigenschaften in Single-top-Ereignissen messen. Auch nach Hinweisen neuer Physik lässt sich im t-Kanal der Einzel-Top-Quark-Erzeugung im Rahmen von Effektiven Feldtheorien (EFTs) suchen. Die Produktion einzelner Top-Quarks im s-Kanal weist einen deutlich kleineren Produktionswirkungsquerschnitt auf und ist aufgrund der hohen Beiträge von Untergrundprozessen nur schwer am LHC nachzuweisen. Multivariater Analysemethoden kommen daher verstärkt zum Einsatz um aus vielen verschiedenen kinematischen Variablen möglichst viel Information zu gewinnen. Neben den aktuell laufenden Analysen in s- und t-Kanal ist für die Zukunft auch eine simultane Messung der Wirkungsquerschnitte in beiden Kanälen geplant.

Kontakt: Thorsten.Chwalek@kit.edu, Nils.Faltermann@kit.edu


Vektor-Boson-Streuung: Suche nach Resonanzen und der Selbstkopplung des Higgs-Bosons

Die Entdeckung des Higgs-Bosons war nicht nur wichtig, um die Massen der Elementarteilchen zu erklären, sondern auch, um die Unitarität in Vektor-Boson-Streuung (VBS) zu gewährleisten. Seitdem fanden direkte Suchen keine Hinweise auf Abweichungen von den Vorhersagen des Standardmodells und es wird zunehmend interessanter, das Standardmodell als effektive Theorie zu betrachten, um Abweichung jenseits der Energieskalen des LHC zu beschreiben. Aufgrund der engen Verknüpfung mit dem Higgs-Mechanismus sind VBS-Prozesse ideal für derartige Suchen nach neuer Physik geeignet. Auf lange Sicht verspricht die Analyse der Polarisation der beteiligten Vektor-Bosonen und weiterer differentieller Wirkungsquerschnitte Aussagen über die Selbstkopplung des Higgs-Bosons zu ermöglichen. In unserer Arbeitsgruppe verfolgen wir aktuell zwei Analysen. Zum Einen suchen wir nach Resonanzen neuer Teilchen im vollhadronischen Zerfallskanal, zum anderen untersuchen wir die Polarisation der W-Bosonen aus VBS-Prozessen im Deileptonischen Kanal und im Lepton+Jets Kanal.

Kontakt: Thorsten.Chwalek@kit.edu, Nils.Faltermann@kit.edu


B-Tagging: Identifikation von Bottom-Quark-Jets mit modernen Algorithmen

Top-Quarks zerfallen fast ausschliesslich unter Abstrahlung eines W-Bosons in ein Bottom-Quark und aufgrund der hohen Masse der Bottom-Quarks koppelt auch das Higgs-Boson bevorzugt an diese. Die möglichst gute Identifizierung von b-Jets, also Jets, die aus der Hadronisierung eines Bottom-Quarks entstehen, ist daher eine zentrale Voraussetzung für Physik-Analysen im Top-Quark- oder Higgs-Boson-Bereich. Moderne Algorithmen können solche Heavy-Flavor-Jets bereits auf Trigger-Level („Level 1“ (L1) und „High Level Trigger“ (HLT)) erkennen und somit die Auswahl der für Top- und Higgs-Physik interessanten Kollisionsereignisse signifikant verbessern. Genauso wichtig wie das Funktionieren dieser Algorithmen ist auch ihre Kalibration sowie das sehr genaue Verständnis ihrer Performanz, um eventuelle systematische Einflüsse in den analysierten Datensätzen mit einbeziehen zu können. In unserer Arbeitsgruppe werden wichtige technische Beiträge zur Entwicklung und Verbesserung der Algorithmen, die von CMS zur Identifikation von b-Jets eingesetzt werden, geleistet.

Kontakt: Soureek.Mitra@kit.edu